Viele ArbeitnehmerInnen arbeiten derzeit von zu Hause aus. Allerdings kann man die derzeitigen Home-Office-Arbeitssituationen nicht mit dem „klassischen“ Home-Office vergleichen, bei dem vorher in Ruhe die räumliche, zeitliche und ausstattungsmäßige Organisation abgeklärt wird und maßgeschneiderte Vereinbarungen zwischen ArbeitgeberInnen und ArbeitnehmerInnen abgeschlossen werden können. Viele Menschen arbeiten in der aktuellen Situation daheim. Um Home-Office im eigentlichen Sinn handelt es sich dabei allerdings nicht, wie Thomas Radner, Arbeitsrechtsexperte bei der Arbeiterkammer (AK) Tirol erklärt: „Man kann daher derzeit weniger von einem ,Home-Office‘ sprechen, als vielmehr von einer Wohnraumarbeit. Man arbeitet in Räumen, die gleichzeitig von der Familie mitbewohnt werden. Und in vielen Fällen müssen gleichzeitig die Kinder bei der Bewältigung ihrer schulischen Aufgaben mitbetreut werden. Nur die wenigsten Arbeitnehmer verfügen über ein eigenes Büro, in dem in Ruhe gearbeitet werden kann.“
Vereinbarungen von Home-Office
In beinahe allen Fällen muss Home-Office zwischen ArbeitgeberInnen und ArbeitnehmerInnen vereinbart werden. „Dies gilt grundsätzlich auch für Arbeitsverträge, die sogenannte Versetzungsklauseln beinhalten, wonach man an andere Arbeitsorte versetzt werden kann. Denn diese Versetzungsklauseln beziehen sich in aller Regel nur auf Arbeitsstätten des Arbeitgebers und nicht auf die Wohnung oder das Haus des Arbeitnehmers“, erklärt Radner. Zur Eindämmung der Ausbreitung des Corona-Virus stellt das Home-Office eine wichtige und sinnvolle Maßnahme dar, sodass der Abschluss einer Home-Office-Vereinbarung im Sinne einer zwischenzeitigen Wohnraumarbeit von der AK unbedingt empfohlen wird. „Vereinbarungen zum Home-Office sollten insbesondere den konkreten Arbeitsort, die tägliche und wöchentliche Arbeitszeit, Vorgaben zur Kostentragung für private Aufwendungen wie Strom, Internet oder Hardware wie auch den Umstand regeln, ob das HomeOffice nur für eine befristete Dauer oder unbefristet geleistet werden soll“, so der Experte.
Arbeitsunfall im Home-Office
Arbeitsunfälle in den Räumen des Arbeitgebers oder auf dem direkten Weg von daheim zur Arbeit und wieder zurück stehen grundsätzlich unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Wenn aber jemand zuhause im Home-Office die Treppen hinunterfällt oder über das Spielzeug des Kindes stolpert und sich verletzt, ist aufgrund der bisherigen Rechtsprechung nicht ausreichend geklärt, ob und in welchen Fällen es sich um einen Arbeitsunfall handelt oder nicht.
Technische Ausstattung
Arbeitsstättenbezogene Arbeitnehmerschutzvorschriften wie z. B. erforderliche Fenster/ Belüftungsmöglichkeiten, Raumhöhe, Raumtemperatur gelten in der Privatwohnung nicht. „Auch haben Arbeitgeber, Sicherheitsfachkräfte, Arbeitsmediziner und Arbeitsinspektoren kein Zutrittsrecht in Privatwohnungen („Hausrecht“). Der Zutritt ist nur möglich, wenn die ArbeitnehmerInnen ausdrücklich zustimmen“, informiert Radner. „Auch bezüglich Datensicherheit müssen fürs Home-Office einige Fragen geklärt werden. Welche Unterlagen dürfen das Unternehmen überhaupt verlassen? Wie ist gesichert, dass die Dokumente nicht verloren gehen oder von Dritten eingesehen werden? Und was ist zu tun, wenn das doch passiert?“, so der AK-Experte. Ebenso müsse geklärt sein, ob mit privaten oder dienstlichen Geräten gearbeitet wird. Erfüllen die privaten Geräte dieselben technischen Sicherheitsstandards wie die Betriebsmittel? Ist der Datentransfer gesichert und verschlüsselt? Wie erfolgt die Datenlöschung von Privatgeräten? Wer haftet, wenn ich mir im privaten Netzwerk einen Virus einfange? Die Bildschirmgeräte und Zusatzeinrichtungen, wie Drucker, Tastaturen und Mäuse müssen auch bei Home-Office dem Stand der Technik und den ergonomischen Anforderungen entsprechen. „Für ArbeitgeberInnen besteht keine Verpflichtung, geeignete Arbeitstische, Arbeitsflächen und Sitzgelegenheiten zur Verfügung zu stellen. Wenn er jedoch Tische bzw. Stühle zur Verfügung stellt, so muss der ArbeitgeberInnen darauf achten, dass diese den ergonomischen Anforderungen entsprechen“, so Radner 3 Fragen an den Arbeitsrechtsexperten Thomas Radner
Wer muss das Equipment im Homeoffice stellen – Arbeitgeber oder Arbeitnehmer?
Radner: Grundsätzlich hat der Arbeitgeber die Betriebsmittel zu stellen, es kann aber auch vereinbart werden, dass die Betriebsmittel des Arbeitnehmers verwendet werden. Dann sollte aber ein angemessener Kostenersatz vereinbart werden, und falls für die Arbeitsverrichtung notwendige Betriebsmittel des Arbeitnehmers durch die Arbeitsleistung beschädigt werden, steht dem Arbeitnehmer ein Ersatzanspruch zu.
Gelten im Home-Office grundsätzlich dieselben Regeln wie am betrieblichen Arbeitsplatz? D.h.: Muss ich dieselbe Arbeitszeit einhalten wie im Büro und auch Pausen machen?
Radner: Arbeitszeit- und arbeitsruherechtlich gelten beim Home-Office die gleichen Regeln wie bei Arbeiten im Büro des Arbeitgebers: Es sind das Ausmaß und die Lage der Normalarbeitszeit zu vereinbaren und man ist – mit Ausnahme von Überstundenarbeit – auch nur zu den vereinbarten Zeiten arbeitsverpflichtet. Auch sind die gesetzlich vorgeschriebenen Pausen und Ruhezeiten einzuhalten und Arbeitszeitaufzeichnungen über die Dauer der Tagesarbeitszeit zu führen.
Muss der Arbeitnehmer immer erreichbar sein oder nur zu den vereinbarten Dienstzeiten?
Radner: Wie sonst ist man auch beim HomeOffice nicht zu ständiger Erreichbarkeit verpflichtet. Neben der vereinbarten Arbeitszeit muss man nur bei zulässig vereinbarter Rufbereitschaft/Arbeitsbereitschaft erreichbar sein.Quelle:
ECHO Zeitschriften und Verlags Ges.m.b.H.