inkl. Mastermesse:

Die hohe Kunst der Prokrastination

Bei Studierenden kommt es oft vor, dass Sie es aus verschiedenen Gründen nicht schaffen Ihren Alltag richtig zu organisieren. Während man eigentlich genug Zeit für alle möglichen Sachen, wie einkaufen, lernen oder arbeiten, hat, lässt man sich doch immer wieder recht leicht ablenken vom Smartphone oder Netflix. Und wenn man es dann mal in die Bib schafft, trifft man Freunde und sitzt oft mehr Zeit draußen beim Kaffee ab, als wirklich produktiv zu sein…

Vielleicht erkennt sich ja der ein oder andere Studierende in Folgendem Alltag wieder:

Ein klassicher „Lern“-Tag

07:15 Uhr
Der erste Kaffee ist getrunken und der Tag kann starten! Heute habe ich es mal wieder geschafft um 7 Uhr aufzustehen und bin hochmotiviert, meine To-Do-Liste abzuarbeiten. Diese hat sich in den letzten 2 Wochen mit wichtigen Dingen aufgestaut, die ich aus mir „unerklärlichen“ Gründen nicht erledigt habe. Aber wie auch immer: Jetzt geht es erstmal 6h in die Bib, danach wird noch geputzt und dann geht es zum Sport! Denn Morgen ist zwar auch noch ein Tag, aber leider habe ich Übermorgen schon meine erste Klausur. Und naja, bis jetzt habe ich doch recht wenig dafür getan.

08:35 Uhr
Die ersten 25 Minuten lernen, waren ein voller Erfolg! Das Handy habe ich nicht einmal angeschaut. Doch nachdem ich mich gerade nur kurz „belohnen“ und einmal schnell die Nachrichten checken wollte, war ich auf einmal schon wieder 0 Minuten am Handy. So habe ich mir das alles nicht gedacht. Also los, das Handy ab in den Bibliotheks-Spint und weiter geht’s.

09:44 Uhr
Zwar ist mein Handy noch immer im Spint, aber ich hätte wohl lieber meine Kopfhörer mitwegschließen sollen. Jetzt sitze ich hier vor meinem Computer und schaue mir die Sport-Highlights aller amerikanischen Profiligen an, obwohl mich doch Baseball und Basketball eigentlich gar nicht interessieren… Und selbst Katzenvideos scheinen mir auf einmal als reizvolle Alternative. Aber egal, gerade kommt eine Freundin vorbei und fragt, ob ich nicht auch einen Kaffee trinken möchte nach den knapp 2h „Lernen“. Da sagt man nicht nein und die Kopfhörer kann ich danach auch gleich noch wegbringen.

12:22 Uhr
Eigentlich bin ich mir vollkommen darüber im Klaren, dass ich Übermorgen eine Klausur schreibe, aber ich schaffe es einfach nicht, mich nicht von unnötigen Dingen ablenken zu lassen. Nach knapp über 4h in der Bibliothek habe ich 30 von 300 Seiten im Skript geschafft. Und das lag nicht daran, dass diese so schwer sind, sondern dass ich ca. 1,5h Kaffee getrunken und gequatscht habe. Zudem habe ich auch noch 1,5h Sport- und Katzenvideos geschaut. Wieso scheint mir dieses „nichts-tun“ denn wichtiger als die nächste Klausur und meine Zukunft?

15:57
Die letzten 3h waren im Vergleich zum Start wirklich erfolgreich. Dafür musste ich zwar ein wenig Geld investieren und mir das Skript ausdrucken, aber ohne technisches Gerät in der Nähe und mit einem Platz in der letzten Ecke der Bib habe ich es geschafft mich möglichst wenig abzulenken. Auch das Essen zwischendurch habe ich kurzgehalten. Jetzt heißt es auf den letzten paar Metern noch einmal alles geben und dann die Klausur morgen erfolgreich mit 4.0 abzuschließen.

Prokrastination: Es kann jeden treffen

Viele Studierende kennen den oben beschriebenen Tagesablauf. Aber nicht nur diese prokrastinieren, sondern oft trifft es jeden einmal und man schiebt einfach alles auf bis sich plötzlich der Endtermin nähert. Nach einer anfänglichen Begeisterung und dem nachfolgenden „Ist ja noch Zeit“ Gedanken, rückt der Abgabetermin einer Arbeit oder eine Klausur auf einmal in unmittelbare Nähe. Dann ist das Zeit-/Arbeitsverhalten auf einmal umgedreht und man weiß gar nicht mehr, wie man alles schaffen soll. Das Aufschieben von Aufgaben wiederum trifft fast alle Menschen in der Bevölkerung. Nur wenige Menschen schaffen es, Aufgaben direkt zu bearbeiten und niemals aufzuschieben.

Prokrastinieren (auch Aufschieberitis oder „Studentensyndrom“ genannt):

Prokrastination kommt aus dem lateinischen und bedeutet, dass man etwas extrem aufschiebt, den Beginn vertagt oder durch immer wieder aufkehrendes Aufhören eine bestimmte Aufgabe nicht fertigbekommt bzw. sich stattdessen mit anderen Tätigkeiten beschäftigt. Dabei hat die Person immer wieder die Gelegenheit und zudem die Fähigkeit eine Aufgabe zu vollenden. Richtiges prokrastinieren kann zu einer pathologischen Störung werden. Vor allem selbstständig tätige, wie Studierende, Anwälte oder Lehrer sind von diesen Störungen betroffen.

Im Vergleich dazu beschreibt das Trödeln, dass man z.B. nur ungeliebte Aufgaben aufschiebt oder für sich selbst immer wieder andere Aufgaben als erste Priorität setzt bevor man mit etwas anderem bzw. „nervigen“ beginnt. Trödeln ist in diesem Sinne keine Störung und führt nicht zu Leistungseinbußen oder zu leiden bei Personen. Bei der Prokrastination demgegenüber werden Aufgaben so lange nicht getätigt bis ein subjektives Leiden und Unzufriedenheit entsteht. Zudem können auf Grund des immer weiter aufbauenden Drucks im Laufe der Zeit psychische und körperliche Beschwerden auftreten.

Dabei kommt die prokrastinierende Person oft in einen Abwärtsstrudel, aus welchem Sie nicht mehr herauskommt. Dies kann nicht nur psychische und körperliche Probleme nach sich ziehen, sondern auch Konsequenzen und Auswirkungen auf das persönliche Umfeld und die Arbeit haben. Dabei hat dies dann nichts mehr mit Faulheit zu tun, sondern ist eine Erkrankung, welche psychologisch behandelt werden muss.

Faktoren die zu Prokrastination führen können sind u.a. sich falsche Prioritäten zu setzen, eine mangelnde oder unrealistische Planung, Angst vor Versagen oder Vorbehalte gegen die zu erledigende Aufgabe und wichtige Aufgaben nicht durchzuführen, sondern stattdessen angenehmeren Alternativen zu bevorzugen. Auch Probleme mit dem Zeitmanagement, Konzentrationsstörungen, Fehleinschätzungen seiner selbst bzw. von der Aufgabe können auf zu Prokrastination führen.

Der Klassiker des Ablenkens in der Klausurenphase: Putzen

In Bezug auf Studierende ist die Prokrastination allerdings selten mit Prokrastination als Krankheit zu erklären, sondern bezieht sich eher darauf, dass unliebsame Aufgaben (wie lernen für eine Klausur oder das Schreiben einer Hausarbeit) aufgeschoben werden. Dafür werden oft „angenehmere“ Aufgaben erledigt, bei welchen man einen Fortschritt sieht oder welche schon lange nicht mehr erledigt wurden.

Die aufgeschobenen Aufgaben kommen einem dabei entweder oft zu umfangreich und unkonkret vor oder werden als besonders unangenehm empfunden. So ist Putzen z.B. eine der Lieblingsbeschäftigungen vieler Studierender in der Klausurenphase. Das Putzen führt dazu, dass man nicht nur herumsitzt, sondern etwas tut bei dem man Fortschritt sieht und sich so kurzfristig befriedigt fühlt. Es löst die Spannung des Betreffenden in dem Moment auf. Dieses Gefühl ist allerdings nach kurzer Zeit verflogen, da einem schnell wieder klar wird, dass man eigentlich wichtigere Dinge zu tun hätte. Dadurch entstehen ein erhöhter Druck, Leistungsrückstand oder ein schlechtes Gewissen, was sich wiederum negativ auf die Psyche auswirkt.

Was kann man gegen Prokrastination tun?

An Hochschulen wie der Universität Innsbruck kann man sich bei solchen Problemen an die psychologische Studienberatung wenden. Diese bietet auch immer wieder Workshops an, in denen man Techniken erlernt, welche dabei helfen gegen die Prokrastination vorzugehen.

Allgemein sollte man probieren sich gut zu strukturieren und realistische Ziele zu setzen. Dabei ist es sinnvoll ist sich genug Zeit für die Aufgaben zu nehmen und sich nicht zu viel Druck zu machen. Ebenso ist es aber auch wichtig Limits zu setzen und sich zu fragen, wie viel Aufwand eine bestimmte Aufgabe wert ist, um nicht ewig an dieser zu sitzen. Zudem sollte man für einen selbst herausfinden, was einen am meisten ablenkt und welche Faktoren einen negativ beeinflussen, um diesen aus dem Wege zu gehen und diese zu vermeiden.

Positives Denken ist von großer Bedeutung, da die eigenen Gedanken einen großen Einfluss auf das Wohlbefinden haben. Ebenfalls ist es wichtig sich alternative Arbeitsweisen und -angewohnheiten beizubringen, um nicht in alte Muster und Gewohnheiten zu verfallen. Bekommt man eine Aufgabe oder hat eine Idee, ist es wichtig gleich damit anzufangen. Die Chance sich später mit dieser intensiv auseinanderzusetzen sinkt mit jedem Tag. Vorteilhaft ist es auch zu erst die unangenehmsten Aufgaben zu erledigen, so dass danach nur noch „bessere“ Aufgaben folgen.

Die Aufgaben sollten dann immer nach Prioritäten geordnet werden. Zudem sollte man eine große Aufgabe in kleine Unteraufgaben aufteilen. So kann man diese Stück für Stück abarbeiten, sich dafür belohnen und sieht dauerhaft einen Fortschritt. Auch Perfektionismus kann sich negativ auswirken.

Der Depletion Effekt bei der Prokrastination: Man denkt, durch Aufschieben macht man sich etwas leichter, wobei es dadurch in Wirklichkeit auf Dauer, um einiges schwieriger wird.